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Fackelwürfe von WinterthurDer FCW greift durch und spricht mehrjährige Stadionverbote aus

Die Servette-Fans sorgten nach dem Spiel für einen Eklat.

Es war ein Schockmoment nach dem Cuphalbfinal zwischen dem FC Winterthur und dem Servette FC. Die Genfer gewannen das Spiel und dennoch stürmten rund zwei Dutzend Personen aus ihren Reihen das Spielfeld. Mit dabei: brennende Pyro. Eine davon landete auf der Osttribüne, eine andere kurz davor. Die gegen 2000 Grad heissen Fackeln stammen aus China und wurden wohl via Litauen importiert. Sie sind in der Schweiz verboten.

Stefan Kurt kennt den Fussball. Weit über 500 Spiele hat der Winterthurer schon gesehen. «Ich habe ein relativ ausgedehntes Verständnis dafür, wie es in Stadien zugehen kann, und weiss auch, dass Emotionen dazugehören und deshalb so toll sind, weil sie auch mal überschwappen können», sagt er. Nach dem Cupspiel seines FCW gegen Servette sei das anders gewesen. Lesen Sie hier unseren Kommentar zum Skandal.

Kurt stand mit seinen zwei Kindern im Sektor C, wo sich viele begeisterte, aber nicht so fanatische Fans gerne aufhalten. Er liegt gleich neben dem Gästesektor. Dort landete am Sonntagabend die bengalische Fackel. Diese habe ihn haarscharf verfehlt, erzählt Kurt. «Meiner Kollegin hat es aber eine Haarsträhne abgebrannt und ein Loch in den Schal gebrannt. Meine beiden Kinder standen direkt dazwischen und kamen unbeschadet davon.»

Fredy Künzler, FCW-Sponsor und Fan, stand mit seinem Sohn etwa vier Meter entfernt. Als die Fackel geflogen kam, seien die Leute zurückgewichen. «Ich wollte die brennende Fackel mit meinem Bier löschen», erzählt Künzler. Doch diese sei von allein ausgegangen. Weil es im Stadion relativ kühl gewesen sei, hatten viele Pullover an. «Was, wenn die Frau nur ein T-Shirt angehabt hätte?», fragt Künzler und schüttelt den Kopf.

Lausanner auf Winterthurer Seite

Doch auch die Winterthurer Fans verhielten sich nicht angemessen. «Es sind auf beiden Seiten Sachen passiert, die nicht akzeptabel sind», sagt FCW-Kommunikationschef Andreas Mösli. Einige Winterthurer stürmten ebenfalls auf den Platz, es kam gar zu einem Zusammentreffen. Nur waren es wirklich Winterthurer?

Laut zwei voneinander unabhängigen Quellen aus der Winterthurer Kurve seien rund 70 Lausanne-Fans zu Besuch gewesen. Auf dem Feld waren denn auch mindestens drei Personen mit blau-weisser Sturmmaske auszumachen – den Farben von Lausanne-Sport. Es dürften jedoch mehr gewesen sein. Das erkennt man an den Schuhen, dem Erkennungscode von Fanlagern. Die FCW-Fans tragen schwarz, die Lausanner weiss. Die Fans der beiden Vereine pflegen eine lange Freundschaft. Ganz anders ist jedoch das Verhältnis zwischen Lausanne und Servette. Beim Léman-Derby im Dezember war es schon zu Ausschreitungen gekommen.

Die Winterthurer ziehen ab – mittendrin ein Lausanner mit blau-weisser Sturmmaske.

Die Lausanner waren aber nicht die einzigen Gäste in der Kurve. Gemäss Informationen dieser Redaktion besuchte ein Schweizer Ableger der italienischen Gruppierung Drughi das Spiel. Es soll nicht ihr erster Besuch auf der Schützenwiese gewesen sein.

Die Drughi stammen aus dem Fanumfeld von Juventus Turin. Der Name ist aus dem Gang-Film «Clockwork Orange» abgeleitet. 2019 kam nach einer Polizeioperation im Juve-Fanumfeld ans Licht, dass die «Drughi» mit der ‘Ndrangheta verbandelt sind. Das Stadion wurde gemäss einem Kronzeugen als Drogenumschlagplatz genutzt. Bei der Polizei-Operation mit dem Namen «Last Banner» wurden 12 Ultrachefs verhaftet.

«Massive Angriffe» und Sachbeschädigung am Bahnhof

Nach dem Spiel kam es auch ausserhalb des Stadions zu Gewalt und Sachbeschädigung. Auf dem Weg zum Bahnhof wurden laut Kantonspolizei Zürich Polizistinnen und Polizisten von Servette-Fans mit Feuerwerkskörpern beworfen. In Bahnhofsnähe seien die Polizeikräfte durch teilweise vermummte Anhänger massiv mit Steinen, Feuerwerkskörpern, Wurfgeschossen und Schlagruten angegriffen worden. Ein Polizist der Kantonspolizei Zürich sei verletzt worden.

Der Bahnhof Winterthur wurde laut Polizei für rund 30 Minuten gesperrt und der Bahnbetrieb teilweise eingestellt. Dies, weil Servette-Fans Rauchpetarden zündeten und sich starker Rauch entwickelte. Die Abfahrt des Extrazuges nach Genf verspätete sich um 45 Minuten, weil die Notbremse gezogen wurde. Missbräuchlich, wie die Polizei betonte.

Die Chaoten hinterliessen in der Bahnhofsunterführung eine Spur der Verwüstung. Durch Wurfgeschosse fielen Metalldeckenelemente herunter. Im noch stehenden Extrazug seien ausserdem Feuerlöscher aus der Halterung genommen und Löschpulver versprüht worden. Die Höhe des Schadens kann laut Medienmitteilung noch nicht beziffert werden.

In der Unterführung am Hauptbahnhof Winterthur fielen durch die Wurfgeschosse der Servette-Fans unter anderem Metalldeckenelemente herunter.

Den Einsatz leitete die Stadtpolizei Winterthur. Unterstützt wurde sie von der Kantonspolizei, der Transportpolizei der SBB sowie der Feuerwehr. Das sei nicht unüblich, sagt Kapo-Mediensprecherin Carmen Surber. Sie würden jeweils die Lage vorab gemeinsam einschätzen und das Aufgebot entsprechend planen.

Sicherheit im Stadion ist Aufgabe des Clubs

«Der Einsatz seitens der Stadtpolizei hat sehr gut funktioniert», sagt Mediensprecherin Sarah Paul. Die Trennung der gegnerischen Fans sei gelungen, Dritte nicht in Gefahr gewesen. Sie hätten sich gut vorbereitet.

Die Stadtpolizei ist für die Fantrennung ausserhalb des Stadions bei der An- und Abreise verantwortlich. Innerhalb des Stadions ist es der FC Winterthur mit einem privaten Sicherheitsdienst. Dieser sähe in seiner Schutzmontur Polizisten ähnlich, sagt Paul. Es sei aber kein Polizist oder Polizistin im Stadion gewesen. «Wir schreiten im Stadion nur ein, wenn wir gerufen werden – sonst ist die Sicherheit dort in der Verantwortung des Clubs.»

Zuständig für die Ermittlungen am Hauptbahnhof ist die Kantonspolizei Zürich. Zum Fackelwurf im Stadion hat die Stadtpolizei Winterthur Ermittlungen aufgenommen. Dieser ist ein Offizialdelikt. Menschen, die aufs Feld rannten, würden hingegen von der Polizei nicht strafrechtlich verfolgt.

Sie zu bestrafen, ist die Aufgabe des FC Winterthur. Man werte aktuell Bilder aus, sagt Mösli und stellt klar: «Wir schauen auf beide Seiten.» Erste mehrjährige Stadionverbote werden bereits ausgesprochen, weniger als 24 Stunden nach dem Skandal sind die Täter dem Club bekannt. Auch Servette verurteilt das Verhalten von «angeblichen Fans des Vereins» in einer Mitteilung. Man sei zutiefst schockiert über diese Handlungen und Haltungen.

Ähnlich tönt es beim Schweizerischen Fussballverband, der verantwortlich ist für die Durchführung des Schweizer Cups. Man bedauere und verurteile die Vorfälle. «Die Kontroll- und Disziplinarkommission des SFV wartet den Bericht des Sicherheitsdelegierten der Partie ab und wird anhand dieses Rapports sowie des SR-Rapports und der TV-Bilder zeitnah über allfällige Sanktionen entscheiden», heisst es in einem Communiqué. Denkbar sind Bussen, Annullierung des Spielresultats oder gar eine Forfait-Niederlage.

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