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Eishockey-Urgestein Beat Forster Ein NHL-Spieler weist ihn auf sein Bäuchlein hin – und verändert alles

Er kann noch immer böse schauen. Aber Beat Forster ist längst nicht mehr der Haudegen, der er einmal war. Um konkurrenzfähig zu bleiben, musste der Biel-Verteidiger sein Spiel anpassen.

Es ist ein kalter Abend, als Arno Del Curto im Januar 2001 in La Chaux-de-Fonds einen 17-Jährigen aufs Eis schickt. Der Teenie darf sogleich neben Beat Equilino verteidigen, dem Davoser Haudegen. Und schon sehr bald wird er, dieser Beat Forster, dem Routinier in nichts mehr nachstehen.

Am Freitag wird Forster 41, er ist der älteste Spieler der National League. Zumindest noch bis Ende Saison, dann beendet er beim EHC Biel seine Spielerkarriere und wechselt hinter die Bande. In welcher Funktion, wird bald kommuniziert, noch müssen ein paar Details geklärt werden. Wehmut spüre er wegen des nahenden Abschieds keine, hält Forster fest. «Im Gegenteil, es ist schön, wenn ich zurückblicke und sehe, was ich alles erreicht habe.»

Mit Davos und den ZSC Lions gewinnt Forster sechs Meistertitel, er holt den Spengler-Cup und nimmt an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen teil. Doch vielleicht wäre es gar nicht so weit gekommen, hätte ihm damals in La Chaux-de-Fonds nicht ein gestandener NHL-Spieler ins Gewissen geredet.

Der Jugendförderer

Nach der Premiere in der NLA spricht Kevin Miller Forster auf dessen Bäuchlein an. Er bietet ihm eine Wette an: 100 Franken, wenn er in fünf Wochen vier Kilogramm abnimmt. Forster schafft das, er spricht von der prägendsten Erfahrung seiner Karriere. «Ich war etwas träge unterwegs, Miller wollte mir nur helfen, damit wir als Ganzes besser werden.»

Als Forster zum Leader wird, folgt er dem Beispiel des Amerikaners. Lernt ein junger Spieler für die Abschlussprüfung, bietet er ihm ein Nachtessen als Belohnung an. Sollte dieser jedoch die Prüfung verhauen, muss er Forster 100 Franken bezahlen. «Es geht mir darum, dass sie die Ausbildung durchziehen. Sie müssen wissen, dass es nicht nur Eishockey im Leben gibt», sagt Forster. Stolz führt er an, dass es bis jetzt jeder geschafft habe. «Und selbst wenn, hätte ich das Geld nicht genommen. Was zählt, ist die Botschaft.»

Die Rolle des Jugendförderers ist ihm auch auf dem Eis ein Anliegen. So wie er einst von Equilino profitierte, tun das Spieler wie Fabian Heldner, Samuel Guerra und Janis Moser an seiner Seite. «Ich vermittle ihnen: Spiel dein Spiel, ich unterstütze dich, du musst keine Angst haben. Das ist eine meiner grössten Qualitäten», sagt Forster. Im Sommer führt er zudem Trainingscamps für Verteidiger durch, weil er findet, dass zu wenig auf diese eingegangen wird. «Wie sie sich genau in welcher Situation verhalten müssen, das können die wenigsten Trainer einem Verteidiger beibringen. Vielleicht sollten mehr Verteidiger Trainer werden.»

Die Reizfigur

Das Bild des verständnisvollen Förderers passt so gar nicht zu jenem, das sich Forster über Jahre angeeignet hat. Er ist eine Reizfigur. Kaum einer spielt so hart wie er, seine Checks sind gefürchtet, weil er es zuweilen übertreibt. In der ewigen Strafen-Liste der National League stehen nur sein langjähriger Teamkollege Reto von Arx und Biels Sportchef Martin Steinegger noch über ihm.

Wo Forster war, tat es meist weh: Diese Erfahrung macht hier auch Langnaus Jörg Reber.

Gerade in Zürich ist Forster noch immer Persona non grata. Weil er die ZSC Lions 2008 Hals über Kopf zurück Richtung Davos verlässt und damit für einen Skandal sorgt. In all den Jahren hat sich der Appenzeller nie zu den Gründen geäussert. Darauf angesprochen, lächelt er nur und hält fest: «Es wurden diverse Gespräche geführt, bevor es dazu kam.» Rückblickend sei er seiner Zeit einfach voraus gewesen, «mittlerweile machen das Spieler und Agenten ja fast täglich».

Nicht minder gross ist der Unmut 2018, als ZSC-Stürmer Robert Nilsson nach einem Check Forsters kopfvoran in die Bande knallt. Von der daraus resultierenden Gehirnerschütterung erholt sich der Schwede nie mehr, er muss seine Karriere beenden – ebenso wie Boyd Deveraux nach einem harten Check des Verteidigers. Immerhin gibt es bei der Aktion mit Nilsson mildernde Umstände, dreht sich dieser doch unglücklich ab, als Forster angefahren kommt. Er sagt über diese zwei Fälle: «Mir wurde immer mulmig, wenn einer liegen blieb. Auch wenn ich als Haudegen galt, habe ich nie angestrebt, einen Gegenspieler zu verletzen.»

Die Rolle des Bösewichts hat er längst abgelegt – ihm blieb gar keine andere Wahl. «Willst du heute diese wendigen Stürmer checken, läufst du Gefahr, dass du entweder den Zweikampf verlierst oder auf die Strafbank musst», erklärt er. Und er hat keine Lust darauf, der Sündenbock im eigenen Team zu sein.

Der Mutmacher

Wäre es nach Forster gegangen, würde seine Karriere im Dress des HCD zu Ende gehen. Doch es kommt anders. Der Vierjahreskontrakt des Appenzellers beinhaltet die Option, dass beide Seiten nach der Hälfte der Laufzeit aussteigen können. Präsident Gaudenz Domenig und Forsters langjähriger Förderer Del Curto machen im Dezember 2016 von dieser Option Gebrauch. Zwar wird ihm angeboten, noch für eine Saison bleiben zu können, aber auf diesen Deal geht er nicht ein. Es ist damals einiges kaputtgegangen zwischen Forster und dem HCD. Er sagt: «Dass es so geendet hat, zeigte mir: Egal, wie lange du mit jemandem zusammenarbeitest, du kennst ihn trotzdem nicht ganz.»

Unter Arno Del Curto (rechts) gewinnt Beat Forster fünf Meistertitel. Aber als sich der HCD 2016 zur Trennung entscheidet, geht einiges in die Brüche.

In Biel jedoch wird Forster wieder glücklich. Er trägt wesentlich dazu bei, dass aus dem Playoff-Wackelkandidaten ein Playoff-Finalist wird. Unvergessen, wie er in einem der ersten Interviews nach seiner Ankunft davon spricht, Meister werden zu wollen, und damit bis in die Chefetage für Aufregung sorgt. Auch dank Forster werden die Bieler forscher. «Dass du als Spieler einen Verein nochmals so prägen kannst, ist schön», sagt er.

Nach einem harzigen Saisonstart hat der EHC Biel Fahrt aufgenommen. Gibt es zur Derniere gar noch einen siebten Titel für «Fösche»? «Erst müssen wir uns für das Playoff qualifizieren. Wenn wir das geschafft haben, greifen wir zu 100 Prozent an.» Alles andere würde bei ihm auch überraschen.